Die psychologische Personalauswahl unterscheidet sich durch vier besondere Merkmale
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die Anforderungsanalyse,
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den Prozess der psychologischen Diagnostik, wie zum Beispiel die Trennung von Beobachten und Beurteilen und das hypothesengeleitete Schlussfolgern,
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Rückgriff auf bereits bekannte Zusammenhänge zwischen den Kriterien beziehungsweise zum Berufserfolg
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und den verwendeten Methoden, um diese Kriterien bei den Bewerber zu messen. Diese Instrumente können nachweisen, dass sie messgenau sind, dass sie messen, was sie zu messen vorgeben und dass sie gute Vorhersagen zum Berufserfolg machen können.
Die konkreten Schritte nun mal im Einzelen
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das Anforderungsmodul des Bochumer Inventars zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP),
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strukturierte Interviews,
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Critical Incident Technik
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oder die Repertory Grid Technik.
Ein Beispiel: Die Stelle eines Account Managers ist zu besetzen
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Belastbarkeit
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Flexibilität
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Konfliktmanagement
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professionelles Auftreten
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Beziehungsmanagement (also die Fähigkeit schnell einen guten Kontakt zu anderen Menschen herzustellen und aufrechtzuerhalten)
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Durchsetzungsfähigkeit
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Selbstmanagement (im Sinne einer guten Emotionsregulationskompetenz)
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Verhandlungsgeschick
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Sensitivität (wie gut kann er die Perspektive des anderen einnehmen und die eigene Wirkung auf den andere abschätzen)
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ein persönliches Vorstellungsgespräch (diagnostisches Einzelinterview) mit integrierten situativen Fragen
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das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung, ein Persönlichkeitstest also.
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Stellen Sie sich vor, dass Sie auf dem Weg zu einem wichtigen Kundentermin im Stau standen und dadurch viel zu spät kommen. Obwohl Sie den Kunden bereits telefonisch über Ihre Verspätung in Kenntnis gesetzt haben, ist er aufgebracht, unfreundlich und äußert ungehalten, dass es jetzt zu spät für den Termin sei. Wie reagieren Sie?
a) Ich antworte dem Kunden, dass sein Verhalten nicht angebracht sei, denn schließlich kann jeder mal im Stau stehen und da kann man nichts für. (0 Punkte; das ist die am schlechtesten bewertete Antwort, weil der Bewerber hier kein gutes Beziehungs- und Konfliktmanagement zeigt.)b) Ich entschuldige mich bei dem Kunden für meine Verspätung und bitte darum, den Termin jetzt verspätet beginnen zu können. (3 Punkte; die Antwort zeigt, dass der Bewerber sich zwar entschuldigt (Konfliktmanagement), aber nicht weiter auf die Bedürfnisse des Kunden eingeht (Beziehungsmanagement). Er merkt nicht, dass der Kunde jetzt sehr aufgebracht ist und das kontraproduktiv für den wichtigen Termin ist.)c) Ich entschuldige mich bei dem Kunden für meine Verspätung und frage, was er jetzt machen möchte. Sollte der Kunde einen neuen Termin wünschen, stimme ich dem zu und schreibe später noch eine Email, in der ich mich nochmals entschuldige. (5 Punkte; diese Antwort bekommt die beste Bewertung, weil sowohl gutes Konflikt- als auch gutes Beziehungsmanagement gezeigt wird. Der Bewerber erkennt die Bedürfnisse des Kunden und geht darauf ein. Mit der Email wird die Beziehung zum Kunden nochmal abgesichert.)
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Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer wichtigen Vertragsverhandlung mit einem Kunden, aber Ihre und die Vorstellungen des Kunden gehen stark auseinander. Der Kunde führt teilweise gerechtfertigte Gründe an, um den Preis weiter runterzuhandeln. Wie reagieren Sie?
a) Ich setze meine Vertragsbedingungen durch, denn ich weiß, was ich will und schließlich ich werde ich an meinen Ergebnissen gemessen. (0 Punkte; der Bewerber ist nicht sensitiv und zeigt keine gute Perspektivenübernahme. Der Kunde ist verprellt und wünscht gegebenenfalls keine weitere Zusammenarbeit.)b) Ich mache einige Einschränkungen und kann mich so mit dem Kunden auf einen Kompromiss einigen. (3 Punkte; der Bewerber bleibt aber eher oberflächlich im Kundenkontakt und zeigt wenig Perspektivenübernahme. Der Kunde fühlt sich nicht unbedingt für die Zukunft an das Unternehmen des Bewerbers gebunden.)c) Ich versuche mich in meinen Kunden hineinzuversetzen, um die Bedürfnisse zu erkennen, die hinter seinen Vertragsbedingungen liegen. Wir können so eine Einigung finden, die beide Parteien zufrieden macht. (5 Punkte; der Bewerber zeigt eine gute Perspektivenübernahme und achtet auf die Bedürfnisse des Kunden, was für eine zukünftige Zusammenarbeit hilfreich ist.)
Berufliche Orientierung:
Leistungsmotivation: 8 Gestaltungsmotivation: 4 Führungsmotivation: 3 Wettbewerbsorientierung: 7Arbeitsverhalten:
Gewissenhaftigkeit: 4 Flexibilität: 8 Handlungsorientierung: 5 Analyseorientierung:4Soziale Kompetenzen:
Sensitivität: 5 Kontaktfähigkeit 9 Soziabilität 8 Teamorientierung 8 Durchsetzungsstärke 8 Begeisterungsfähigkeit 8Psychische Konstitution
Emotionale Stabilität 8 Belastbarkeit 9 Selbstbewusstsein 9
Was sind weitere eignungsdiagnostische Methoden?
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systematische Analyse der Bewerbungsunterlagen
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Intelligenztests, Leistungstests
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andere Persönlichkeitstests
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Arbeitsproben
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Situational Judgement Tests
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Biografischer Fragebogen
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Lücken im Lebenslauf sagen verschwindend wenig über Persönlichkeit aus, wenn man keine Information darüber hat, wie diese Lücke wirklich zustande gekommen ist (Frank & Kanning, 2014).
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Hobbys haben keinen nennenswerten Zusammenhang zu sozialen Kompetenzen (Goelden & Brast, 2012).
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Einzelnoten des Abschlusszeugnisses sind deutlich weniger aussagekräftig als die Durchschnittsnote (Kanning, 2012).
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Wichtiger als die Dauer der Berufserfahrung ist die Vielfältigkeit dieser. Jemand mit 15 Jahren Berufserfahrung ist nicht unbedingt besser geeignet als jemand mit nur fünf Jahren Erfahrung (Quinones, Ford & Teachout, 1995).
Wie kann ich mich als Bewerber auf all das vorbereiten?
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Auf Assessment Center kann man sich gut im Internet und durch Bücher vorbereiten. Daher lässt sich auch die Entwicklung erklären, dass Ergebnisse von Assessment Centern an Aussagekraft verloren haben, es setzen Übungseffekte bei den Bewerbern ein, die zum besseren Abschneiden führen.
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Werden Persönlichkeits- und Intelligenztests durchgeführt, kann man nur einen Tipp geben: locker bleiben und ausgeschlafen zum Termin erscheinen.
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Für Telefoninterviews oder persönliche Gespräche kann man im Vorfeld eine Art Anforderungsanalyse durchführen. Am besten man beantwortet sich dafür folgende Fragen: Welche Kompetenzen sind für die ausgeschriebene Stelle von Bedeutung? Woran wird meine Leistung wahrscheinlich gemessen? Was unterscheidet einen sehr guten Stelleninhaber von einem mittelmäßigen auf dieser Stelle? Antworten darauf kann man im Gespräch einfließen lassen und so zum Beispiel die eigene Gewissenhaftigkeit, Handlungsorientierung und Beziehungsmanagement an Beispielen belegen. Nimmt man für die Vorbereitung die Perspektive des zukünftigen Chefs oder des Personalers ein, wird deutlich, welche der eigenen Eigenschaften man anhand von Beispielen besonders hervorheben sollte.
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