Vor ein paar Tagen wurde ich von Till Tauber interviewt und hatte die Gelegenheit ein paar Dinge über meine Arbeit und meine Methoden in der Karriereberatung zu erzählen. Ich habe auch ein paar Bewerbungstipps, die ich meinen Klienten häufig mitgebe, zusammengefasst.
Das Interview ist leider nicht mehr auf der Internetseite von Herrn Tauber verfügbar, daher veröffentliche ich es hier in ganzer Länge.
Viel Spaß beim Lesen!
Sie haben sich als Business Coach unter anderem auch auf die Karriereberatung spezialisiert. Ist der Bedarf an Coachingmaßnahmen in den letzten Jahren gewachsen und/oder haben sich die Inhalte im Laufe der Jahre verändert?
Ich bin seit 2006 als Business Coach und Karriereberaterin in Köln tätig und konnte gerade in den letzten Jahren ein relativ starkes Wachstum vor allem in der Karriereberatung bemerken, wobei die Fragestellungen sich eigentlich wenig geändert haben. Die meisten meiner Klienten, die zu einer Karriereberatung kommen sind auf der Suche nach einer für sie passenden beruflichen Perspektive. Was bedeutet, dass sie oft nicht das Gefühl haben, beruflich bereits dort angekommen zu sein, wo sie sich wohl fühlen und gleichzeitig eine hohe Performance bringen können. „Was passt eigentlich zu mir?“, ist im Grunde die häufigste Fragestellung, mit der eine Karriereberatung beginnt. Danach folgt dann sehr häufig die Optimierung der Bewerbungsunterlagen und vor allem auch Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche. Wie stelle ich meinen bisherigen beruflichen Werdegang so dar, dass ich es einem potenziellen Arbeitgeber leicht mache mich einzustellen oder ich zumindest die Wahrscheinlichkeit für eine Einstellung erhöhe.
Wie sieht ein typisches Coaching bei Ihnen aus? Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, auf welche Sie sich fokussiert haben?
Das Alter meiner Klienten liegt ungefähr zwischen Mitte 30 und Ende 50, wobei Frauen und Männer etwa gleich verteilt sind. Menschen, die privat zu mir kommen, wünschen häufig eine Karriereberatung, mit den Fragestellungen, wie ich sie oben beschrieben habe. Wenn Firmenkunden ihre Mitarbeiter zu mir schicken, geht es es häufig um Fragenzum Thema Führung oder Motivation: Wie motiviere ich meine Mitarbeiter bzw. vermeide Demotivation? Wie begegne ich Veränderungen in meiner Organisation? Oft ist auch einkonkreter Anlass gegeben, um sich mit Stressmanagement und anderen Fragen zum Thema Selbststeuerung auseinander zu setzen. Weiter eingrenzen kann ich meine Zielgruppe momentan nicht.
Ein typisches Coaching verläuft in der Regel so, dass ich mir zunächst einen Überblick über das Umfeld und die konkrete Situation meines Klienten verschaffe und versuche zu verstehen, warum dieser Mensch gerade über eine bestimmte Hürde in seinem Leben nicht herüber kommt. Nachdem ich mir dann ein Bild gemacht habe, gebe ich meinen Klienten darüber völlig transparent und nachvollziehbar einen
Überblick und identifiziere Ansatzpunkte, wie die von meinem Klienten formulierten Ziele erreicht werden können.
Dabei greife ich sehr stark auf mein psychologisches Wissen und meine eigene Erfahrung als Managerin und Führungskraft zurück. Bei der Gelegenheit möchte ich betonen, dass ich jegliche esoterische oder pseudowissenschaftliche Ansätze und Menschenbilder ablehne und solche Methoden und Denkweisen in keiner Weise meine Arbeit prägen.
Ein Coaching dauert in der Regel zwischen drei und sechs Sitzungen, Karriereberatungen sind oft schon nach drei Sitzungen abgeschlossen. Relativ häufig kommen Klienten jedoch nach 2-3 Jahren wieder auf mich zu, da sich eine neue Fragestellung entwickelt hat, die sie bearbeiten möchten. Das freut mich natürlich!
Die Klienten, die wegen einer Karriereberatung zu mir kommen, haben fast immer das Problem, dass die Stellen, die für sie in Frage kommen, eher rar sind. Oft können pro Monat nicht mehr als 2-3 Stellen identifiziert werden. Es ist also umso wichtiger, dass jede Bewerbung sitzt und möglichst zum Erfolg führt.
Welche Voraussetzungen muss ein guter Coach mitbringen? Woran erkennt man als Interessent/in einen seriösen und ergebnisorientiert arbeiteten Coach?
Ein Coach, der selbst nie für mehrere Jahre in einer Management- oder Führungsfunktion gearbeitet hat, wirkt häufig auf Klienten nicht glaubwürdig und kann sich meines Erachtens auch nicht in die elementaren Details dieser Aufgaben hineinversetzen.
Jeder Coach sollte sich auch Gedanken darüber machen, welche eventuellen Nebenwirkungen oder unerwünschten Effekte sein Handeln haben kann. Ein guter Coach sollte auch wissen, wann er es mit einer klinisch relevanten Störung zu tun hat. Mir ist nicht klar, wie jemand ohne eine entsprechende Ausbildung erkennen kann, ob der Grund der Problematik eines Klienten nicht doch eine Depression oder eine andere Krankheit ist. Solche Fälle gehören ausschließlich in therapeutische Hände. Ich empfinde häufig die pseudotherapeutische Grundhaltung, die Coaches so gut wie immer in den Ausbildungen vermittelt wird, als nicht ergebnisorientiert oder zielführend, wenn es darin heißt keine Ratschläge zu geben, nicht wertend und nicht teilnehmend zu sein und sich eher zurückzuhalten. Tatsächlich mache ich die Erfahrung, dass meine Klienten sehr gut damit umgehen können, wenn ich konkrete Ratschläge oder Tipps gebe oder auch wertende Aussagen treffe. So etwas geht natürlich nur, wenn der Klient grundsätzlich das Gefühl hat, dass er wertschätzend von mir behandelt wird, dass ich hinter ihm stehe und mit ihm an seinen Zielen arbeite.
Als Diplom-Psychologin und ehemalige Personalleiterin haben Sie den Bereich Human Resources gut kennengelernt. Welche Ratschläge können Sie Bewerber/innen an die Hand geben? Was entscheidet Ihrer Meinung nach über Erfolg oder Misserfolg?
Grob geschätzt kann man sagen, dass ich in meinem Leben knapp 800 Vorstellungsgespräche auf Firmenseite geführt habe. Für meine Coachings und in der Karriereberatung ergeben sich daraus sehr viele Ratschläge, von denen ich hier gerne einmal die wichtigsten zusammenfasse.
- Lesen Sie die Stellenananzeige sehr genau und stellen Sie sicher, dass Sie die Aufgabe und das Umfeld wirklich verstanden haben. An wen werden Sie wohl in dieser Funktion berichten? Woran wird Ihre Leistung gemessen werden? Wie wird die Stelle insgesamt im Unternehmen positioniert sein? Ist es eine sehr verantwortliche/strategische Stelle? Versuchen Sie dabei insbesondere auch zwischen den Zeilen zu lesen und ziehen Sie alles an Informationen heran, was Sie finden können.
- Versuchen Sie sich in den Personaler hinein zu versetzen, der auf diese Stelle einen ganzen Haufen geeigneter Bewerbungen bekommt. Die Wahrheit ist, dass mindestens 90 % der eingehenden Bewerbungen fachlich geeignet sind. Stellen Sie sicher, dass Sie bei dem Personaler oder wer Ihre Unterlagen auch immer in die Hand bekommt, den Eindruck erwecken, dass Sie die Stelle wirklich durchdrungen und verstanden haben, dass Sie wissen, worauf es ankommt und die richtige Motivation für diese Stelle mitbringen.
- Langweilen Sie den Leser ihrer Bewerbung nicht mit überflüssigen oder doppelten Informationen. Keine Wiederholung des Lebenslaufs im Anschreiben.
- Im Vorstellungsgespräch werden sich Ihre Gesprächspartner vor allem ein Bild darüber machen, was Sie für ein Mensch sind und welche Motivation Sie mitbringen. Sie versuchen Ihre Persönlichkeit in irgendeiner Form einzuschätzen. Senden Sie diese Informationen proaktiv von selbst, indem Sie die Eckdaten Ihres Lebenslaufs so verpacken, dass Sie damit den Eindruck, den Sie bei dem andern hinterlassen wollen, auch wirklich hinterlassen. Sollten Sie auf diesem Weg merken, dass Sie sich sehr verbiegen müssen, um diesen Eindruck zu erwecken, sollten Sie einmal kurz darüber nachdenken, ob es sich wirklich um eine geeignete Position für Sie handelt.
Sie sind bereits seit 2006 erfolgreich als Coach in Köln tätig. Was reizt Sie persönlich an der Beratungstätigkeit? Haben sich die konkreten Fragestellungen ihrer Klienten/innen seitdem verändert, oder stellen Sie in Bezug auf die Themenbereiche ein hohes Maß an Kontinuität fest?
Mir macht es Spaß, mich immer wieder in neue Menschen und neue Fragestellungen hinein zu versetzen. Ich stehe jedes Mal vor der Herausforderung, dass ich ein relativ komplexes System durchschauen und mir schnell einen validen Überblick verschaffen muss, um dann die wichtigen Ansatzpunkte für meine Arbeit herauszufiltern, so dass ich diesen Menschen mit seiner Fragestellung weiterbringen kann. Ich kann im Grunde nie auf best-practice Ansätze zurückgreifen, da ich jedes Mal eine völlig andere Person, in einem völlig anderen System mit einer ganz individuellen Fragestellung vor mir habe. Das macht mir einfach sehr viel Spaß und nebenbei lerne ich bei meiner Arbeit auch einfach tolle Menschen kennen. Hier und da lerne ich dabei auch etwas von meinem Klienten. Insgesamt kann ich sagen, dass die Fragestellungen hingegen jedoch oft relativ ähnlich formuliert sind. Mir ist allerdings aus oben beschriebenen Gründen noch nie langweilig geworden und ich gehe auch nicht davon aus, dass das in den kommenden 20 Jahren irgendwann einmal eintreten wird.